Angehende Ärztinnen und Ärzte sitzen im Jahr 1944 im Hörsaal eines anatomischen Instituts

Universitäten

Frauenstudium

Auf eine fundierte Ausbildung junger Mädchen legten bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts weder die eigenen Familien noch die Öffentlichkeit großen Wert.

Von Sabine Kaufmann

Die bürgerliche Frauenbewegung

Es schien zu genügen, die jungen Frauen auf ihre zukünftige Rolle als Ehefrau und Mutter vorzubereiten. Der Besuch einer "Schule für höhere Töchter", in der Handarbeit und Hauswirtschaft unterrichtet wurden, war für Mädchen aus bürgerlichem Hause passend und ausreichend.

Erst seit der Frauenbewegung, die für das Wahlrecht der Frauen stritt, mehrten sich in ihren Reihen auch die Stimmen, die den Zugang zu Berufsschulen und Universitäten forderten, also letztendlich zu den männlich dominierten Berufen.

Für Hedwig Dohm, eine Vorkämpferin der bürgerlichen Frauenbewegung, war das Recht auf ein Studium eine substanzielle Angelegenheit: "Die Frau soll studieren, weil sie studieren will, weil die uneingeschränkte Wahl des Berufs ein Hauptfaktor der individuellen Freiheit, des individuellen Glücks ist."

In Sachen Frauenstudium war die Schweiz allen europäischen Ländern voraus. 1840 besuchten die ersten Gasthörerinnen die Züricher Universität. 1867 ließ die Universität Frauen zum ordentlichen Studium zu.

Viele Studentinnen an den Schweizer Universitäten wie Genf, Lausanne und Bern waren Jüdinnen aus Osteuropa. Ihre brillanten Leistungen, meist in Medizin, Naturwissenschaften und Mathematik, ebneten Frauen auch in den anderen Ländern den Weg zum eigenen Studium.

In England, Russland und Skandinavien konnten Frauen sich in den 1870er-Jahren als ordentliche Studentinnen einschreiben. Ein Jahrzehnt später zogen auch die Universitäten in Spanien, Belgien und Serbien nach.

Eine rühmliche Ausnahme in Europa war Italien. Dort standen einzelne Universitäten seit dem Mittelalter Frauen offen. 1678 konnte an der Philosophischen Fakultät von Padua die erste Frau einen Doktortitel erwerben.

Deutsche Vorreiter: Heidelberg und Freiburg

Eines der Schlusslichter in Europa war Deutschland. Die Professoren taten sich schwer, Frauen als formal gleichberechtigte Studierende zuzulassen. Ideologische Bedenken bestimmten die Auseinandersetzung um weibliche Bildung.

Die Argumente der Gegner: Aufgrund ihres kleineren Gehirns hätten die Frauen nur eingeschränkte kognitive Fähigkeiten. Auch prädestiniere ihre Natur als Gefühlswesen sie zur Mutter und Hausfrau. Nicht zuletzt sahen die Männer in gut ausgebildeten Frauen auch eine berufliche Konkurrenz.

Nur zögerlich gelang den Frauen der Schritt hinein in die Universitäten. Ab 1895 konnten angehende Oberlehrerinnen in Preußen Vorlesungen besuchen, zuerst nur als Gasthörerinnen. Im Jahr 1900 setzte die Regierung in Baden gegen die letzten männlichen Proteste aus der Professorenschaft das Frauenstudium durch.

Die badischen Universitäten Heidelberg und Freiburg waren die ersten in Deutschland, die Frauen aufnahmen. Unter ihnen war die jüdische Medizinstudentin Rahel Goitein, die als erste Ärztin Deutschlands in München eine Praxis eröffnete.

Bayern zog drei Jahre später nach, Preußen sogar erst 1908. Deutschland konnte sich der Reformbewegung in Europa und der stärker werdenden Frauenemanzipation nicht mehr entziehen.

Quelle: SWR | Stand: 03.02.2020, 13:00 Uhr

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